Jeden Sommer verbringen wir unsere Ferien in der Toscana. Meist verbringen wir unsere Ferien im Landesinneren, entweder im Chianti-Gebiet zwischen Florenz und Siena oder im Val d’Orcia, südlich von Siena. Das Val d’Orcia fasziniert auch nach unzähligen Jahren immer wieder aufs Neue. Die sanfte, dennoch archaische und raue Landschaft, die Hübschen Dörfchen und nicht zuletzt die wunderbare Küche der Zone verzaubern uns immer wieder.
Ein Gericht aus dieser Region hat es mir besonders angetan: die Pici all’aglione. Ich erinnere mich gut an einen Sommerabend, ich denke, ich war um die 15 Jahre alt. Wir sassen an einem runden Tisch der Osteria del Cardinale in der Hauptgasse von San Quirico d’Orcia. Die Steine der Hausmauern strahlten die Wärme des Sommertags ab. Ein lauer Sommerwind brachte ab und zu leichte Erfrischung. Ich hatte schon genüsslich als Antipasto herrliche Verdure Grigliate verspiesen. Und nun stand mein Primo vor mir: ein Teller, gut gefüllt mit Pici all’Aglione. Was ich damals sagte würde ich heute noch – ohne eine Sekunde zu zögern – unterschreiben: «Wenn es doch nur Pici all’Aglione regnen würde! Ich würde niemals aufhören, zu essen.»
Pici sind eine für die Region des Val d’Orcia typische Pasta-Sorte: eine Art dicke Spaghetti, handgerollt aus einem Teig Hartweizengriess und Wasser. Begleitet werden Pici traditionellerweise von Ragù, Brosamen «alle briciole» oder eben: Aglione.
Bei Pici all’Aglione werden die Pici von einer intensiv mit Knoblauch parfümierten Tomatensauce ummantelt. Aber nicht irgendein Knoblauch wird hierzu verwendet: es muss der Aglione aus Val di Chiana sein. Ein riesiger Knoblauch, der bis zu 800 g wiegen kann. Zum Vergleich: ein normaler Knoblauch wiegt um die 100 g. Dieser riesige Knoblauch besticht aber nicht etwa durch gigantisch dominante Aromen. Nein, in seinen Geschmackseigenschaften und was die Verdaulichkeit angeht ist es angebracht, von einem sanften Riesen zu sprechen. Dank einem tiefen Anteil Alliin hat der Knoblauch ein delikateres, sanfteres Aroma und ist einfacher zu verdauen. Auch ist er im Atem nicht noch stundenlange zu spüren. Dies gibt ihm auch den Spitznamen «l’aglio degli innamorati» - der Knoblauch der verliebten, der selbst die Kussprobe besteht.
Weil diesen grossen Knollen komplizierter und aufwändiger zu Produzieren sind, ging der Aglione fast verloren. In den vergangenen Jahren wurden aber viele Projekte aufgezogen, um diesen charakteristischen Knoblauch wieder zu kultivieren und so ein Stück Gastrokultur zu retten.
Wer untenstehendes Rezept nachkochen will, kann natürlich auch den bei uns normal erhältlichen Knoblauch verwenden. Ich möchte aber nicht garantieren, dass er die Kussprobe besteht…
Pici all'aglione
Zutaten
Pici
Mehl und Salz mischen, Öl und Wasser dazugiessen und ca. 15 Min. zu einem glatten, elastischen Teig kneten. Den Teig zu einer Kugel formen, mit Öl bepinseln und in Folie einwickeln. Den Teig so bei Raumtemperatur 2 Std. oder länger (gut auch über Nacht) ruhen lassen.
Den Teig dann in Portionen auf ca. 5 mm flach auswallen und mit einem Messer oder einem Pici-Wallholz ca. 5 mm breite Streifen abschneiden und von Hand rund rollen. Die fertigen Pici auf wenig Mehl auslegen. Pici im siedenden Salzwasser ca. 10 Min. kochen.
Sauce
Die Knoblauchzehen quetschen, mit der Tomatenpassata in eine Pfanne geben, Zucker beigeben. Zugedeckt ca. 10 Min. köcheln, würzen. Gekochte Pici beigeben, evtl. wenig Kochwasser hinzufügen, gut mischen und anrichten.